Europa-Union Rendsburg-Eckernförde besucht deutsch-dänische Grenzregion an der Westküste
Die dänische Grenzregion zeigte sich am 08.09.2022 von ihrer charmanten Seite: Besuch in Møgeltønder – Mögeltondern in deutscher Variante. Eine kopfsteinbelegte Straße mit kleinen, schmucken Häuschen führte zum Schloss Schackenborg. Die Europa-Union des Kreises Rendsburg-Eckernförde reiste mit einer mehr als zwanzig-köpfigen Gruppe an und ließ sich auf einen Fußmarsch auf dieser Straße ein, direkt zum weißen Schloss Schackenborg, mit einem recht großen Garten.
Ein Ortsführer erläuterte die lange Geschichte der Familie Schack und des Schlosses. Es wurde die Rolle der Familie Schack in die verwickelte dänische Geschichte eingeordnet. Die Familie hat sogar einen dänischen Feldmarschall hervorgebracht. Die Verwebung der dänischen mit der schleswig-holsteinischen Geschichte wurde erneut offenbar: Dänemark schaltete sich kurz in den 30igjährigen Krieg auf protestantischer Seite ein, wurde aber in der Schlacht von Lutter am Barenberge, im Harzvorland, 1626 vernichtend geschlagen. Renommierte schleswig-holsteinische Adelsfamilien verloren viele ihrer Vertreter dort. Der besagte Feldmarschall war tatkräftig beteiligt beim späteren Abwehrkampf Kopenhagens im 17. Jahrhundert gegen eine schwedische Belagerung, der am Ende zum dänischen Erfolg führte.
Auch die uns zeitlich näher liegende deutsch-dänische Geschichte wurde anhand der Häuschen am Kopfsteinpflaster anekdotisch angereichert: nach der Abstimmung 1920 im Grenzland, als auch der besuchte Ort dänisch wurde, war die deutsche Flagge in Schwarz-Rot-Gold verboten. Deutsch gesinnte Hausbewohner machten durch einen Mix von Dach-, Wand- und Sockelfarben diese Fahne verdeckt wieder sichtbar. Die Lockerheit, mit der der Stadtbilderklärer dies erzählte, machte Eindruck. So kann man schwierige nationale Diskussionen durch Lacheffekte auflösen.
Die Gruppe umrundete den Innenstadtbereich von Tønder – Tondern auf einer Ringstraße. Ließ sich Mögeltondern recht klein aus gegenüber der Nachbarstadt, so stellte der dänische Guide klar, dass Tondern früher die unbedeutendere Siedlung war, eher nur ein Hafen für die heute kleinere Nachbarstadt. Die Nordsee reichte in der damaligen Zeit bis an diese Hafenstadt, während durch Landgewinnung und wegen heftiger Sturmfluten die Küste nach Westen verschoben wurde.
Die Gruppe fuhr wie auf dem Hinweg beim Grenzübergang bei Tondern auch bei Rosenkranz ohne Kontrolle zurück. Hier war nicht sichtbar, dass Dänemark an wichtigen Grenzstraßen wie bei Flensburg immer noch gewisse Kontrollen aufrechterhält. Dies wird außenpolitisch deutsch-dänisch teilweise kontrovers diskutiert. Das Grenzland selbst sieht Kontrollen überwiegend als hinderlich an.
Beim gemeinsamen Mittagessen auf deutscher Seite, in Neukirchen, Restaurant „Fegetasch“, wurde anhand von Bildern deutlich, dass sich nach weiteren heftigen Sturmfluten nun Deutschland und Dänemark gemeinsam für eine Deichvorverlegung entschieden hatten: Vordeichung der Tonderner Marsch, feierlich eröffnet am 11. November 1982. Einem Foto zufolge muss Königin Margrethe II. mit Bundespräsident Carl Carstens und dem ressortverantwortlichen Landwirtschaftsminister Josef Ertl am Festtag im Restaurant zusammengekommen sein. Der eigentliche Eröffnungsakt fand feierlich auf dem gemeinsamen Deich statt.
Bei der Rückfahrt auf die deutsche Seite fuhr der Bus auch an dem Rutebüller See ein Stück im Grenzbereich entlang. Die Gruppe konnte keinen Wildschweinzaun auf dänischer Seite sehen, der beiderseits der Grenze auch verschieden gesehen wird.
Der Besuch des Nolde-Museums war der Abschlusspunkt des Tagesausfluges. Eine Führung eröffnete der Gruppe die Entwicklung von Noldes Malstil, von eher detailreichen, impressionistischen Zügen, hin zu flächiger Darstellung und dem Spiel mit kräftigen Farben. Nolde hob im Gesamtausdruck einzelne Bildteilmotive über eine kräftige Farbe heraus.
Die Gruppe ging durch den Blumengarten von Noldes Anwesen und vergegenwärtigte sich, wie dieser in einer kleinen Hüttennische Blumenmotive aus seinem eigenen Garten malerisch aufnahm. Das sanierte Atelierhaus konnte besichtigt werden, aber es wird erst aufleben, wenn auch dort, wo Nolde seinerzeit gemalt hat, seine Werke ausgestellt werden, derzeit nur Texterläuterungen. Das Atelierhaus war von Nolde selbst konzipiert worden und verweist auf den Bauhausstil.
Kein Künstler kann dem heftigen Befragen nach Politik entgehen. Erst recht nicht Emil Nolde, der in der NS-Zeit zwar verfemt war – Adolf Hitler sprach von „Gekleckse“. Aber gleichzeitig hing Nolde der NS-Idee an, und bemühte sich bis Ende des Krieges um Wiederaufnahme in den Kunstreigen, der von der
NS-Kulturpolitik akzeptiert oder gar gewürdigt wurde. Die Museumsleitung hat dieses Thema nun sehr offen und differenziert dargestellt.
Die Gruppe fuhr im Regen wieder zurück, aber wer Noldes Bilder aus der näheren Westküstenumgebung aufnehmen will, der muss auch Regen und Sturm abkönnen.
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