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Exkursion des Kreisverbands Rendsburg-Eckernförde der Europa-Union Deutschland, Freitag, 07. Juli 2023 nach Ratzeburg

Ratzeburg bildete diesmal das Ziel einer Exkursion der Europa-Union, Kreis Rendsburg-Eckernförde. Dies am Freitag, dem 07. Juli 2023, Busabfahrt in Altenholz recht früh am Morgen.

Die Stadt Ratzeburg am See wurde nicht direkt angefahren, sondern es gab ab Lübeck auf der Wakenitz einen maritimen Einstieg per Ausflugsschiff bis Rothenhusen, am Übergang der Wakenitz in den Ratzeburger See. Die Wakenitz fließt aus dem See heraus in Richtung Lübeck.


Das sonnige Wetter trieb die Gruppe sofort auf das Oberdeck. Nahe Lübeck durchfuhr der Kapitän etliche Brücken, mit der klaren Ansage: „Köpfe einziehen!“ Die Eisenbahnbrücke der Strecke von Lübeck bis Herrnburg ist schon in die Jahre gekommen, während die Autobahnbrücke der A 20 neueren Datums ist.

Die malerische Seite nahe Lübeck, mit Einzelhäusern und schönen Gärten, ging über in Waldbewuchs zu beiden Seiten. Der Kapitän erläuterte schifffahrtstechnische Details und beschrieb Fisch-und Vogelarten, die sich aber nicht sämtlich nur wegen der Europa-Union-Gäste zeigten. Dafür wurden bunte Libellen vom Oberdeck aus bewundert.

Die Wakenitz, wie vom Kapitän erläutert, gibt einen Hinweis auf frühere slawische Bewohner in dem Raum. So ist in der Benennung Wakenitz das slawische Wort für Barsch: okon (wie im Polnischen) enthalten. Auch Ratzeburg enthält eine Anlehnung auf „Ratislaw“, einen westslawischen Herrschernamen.

Die Wakenitz ließ sich lässig am Sonnendeck durchfahren. Das war nicht immer so. Der Kapitän berichtete zu Zeiten der DDR auf notwendige Vergatterungen von Gästen, auf die Grenze backbords zu achten: möglichst keine Anstalten zu machen, DDR-Geranke von Bäumen mutig abzureißen. Versteckt im Wald taten sog.“ Grenzaufklärer“ (vor dem Zaun postiert) Ihre Wacht, am Ufer sollen sie auch bei „ungebetenen Gästen“ zugepackt haben (teure Auslöse gegen Devisen war dann nötig). Heute beginnt ab einem bestimmten Punkt backbords das Land Mecklenburg-Vorpommern als Anrainer, und erstreckt sich bis ca. zur Mitte des östlichen Seeufers. Nun friedlich.

Am Übergang der Wakenitz in den See stieg die mittlerweile ganz schön sonnenverwöhnte Europäer-Gruppe an Land. Der Bus wartete und eröffnete aus dem Bauch des Fahrzeugs heraus ein Buffet: Würstchen, Kartoffelsalat, Getränke. Die Einnahme des Mittagessens geschah am Bus sehr diszipliniert. Der Ablauf war sowohl vom Busfahrer als auch zureichungstechnisch, u. a. von Ursula Bethke als Reiseleiterin, elegant organisiert. Und es war sättigend. Nun konnte nur gute Stimmung vorherrschen. Alle genossen noch den Anfang des Sees, hier regiert der Wassersport.

Der Bus fuhr über die Brücke nach Mecklenburg-Vorpommern, also dann östlich des Ratzeburger Sees. Die Stahlbogenbrücke ist eine der vielen Brücken des Aufbauwerks Ost. So gelangten wir von der Ostseite aus auch nach Ratzeburg. Wir kamen gerade noch pünktlich zur Führung des Ratzeburger Doms, die für ca. 13.00 Uhr angesetzt war.
Der wuchtige romanische Dom ist ein Ziegelwerk, zusammen mit vergleichbaren Bauten im Raume Lübeck eine Neuerung zum Ende des 12. Jahrhunderts. Der interessant verzierte Ziegelbau, vor dem Turm angesetzt – Blickwinkel vom Zugang am Toreingang – war durch verschiedenfarbige Ziegel gekennzeichnet, stand somit aus einer romanischen Schlichtheit heraus. Die Gruppe genoss dann im Inneren den wuchtigen Halleneffekt. Der Bau wurde von 1160 bis 1220 durchgeführt. Herzog Heinrich der Löwe unterstützte den Bau sehr und erhob auch Evermod zum ersten Bischof dort. Die Dominsel gehört auch heute noch kirchenrechtlich zu Mecklenburg-Vorpommern. Und zu Pfingsten 2012 fand im Ratzeburger Dom die Feier zur Gründung der Nordkirche statt, mit Festfolge an der Wasserseite der Dominsel. Prominentester Gast: Bundespräsident Joachim Gauck.

Die Gruppe erhielt eine Führung im Paul-A.-Weber-Haus. Die markanten Personendarstellungen sind teilweise bekannt, wurden hier aber in großer Zahl und mit fachkundigen Erläuterungen noch einmal neu erschlossen. Bekannt war sicher das Bildnis „Das Gerücht“, auf dem eine Menschengruppe mit Fließgesichtern wie ein Insektenschwarm durch eine Stadt flog, eben das Gerücht verbreitend. Eindrucksvoll war das Bild „Der falsche Elfmeter“, in einer Massenschlägerei der Weber‘schen Gestalten endend.

 Die Gruppe wurde für die Stadtführung geteilt. Es wurde klar, dass es verschiedene Bauepochen der Stadt gab, leider durch kriegerische Zerstörungen, Brände, Beschießungen immer wieder verändert. Markant ist die Ruderakademie am See, in der Karl Adam seine erfolgreichen Strategien für Ruderwettbewerbe erarbeitete (und nie selbst ruderte, er war einmal deutscher Jugendboxmeister). Durch neue Trainingstechniken (Intervalltraining) und Experimente mit der Formung der Ruderblätter konnte er für deutsche Ruder-Achter auch olympisches Gold und Weltmeisterschaften holen. Sein Wirken im Rudersport ist heute noch legendär.Er war übrigens im Ratzeburger Gymnasium Mathematik- und Physiklehrer. Das Gymnasium residierte lange in dem architekturmäßig sehr ansprechenden heutigen Rathaus, nun liegt das Schulanwesen außerhalb des eigentlichen Innenstadtkerns.
Die beiden Gruppen trafen sich am nordwestlichen Rand der Dominsel draußen in einem Gartenrestaurant zu einem erfrischenden Abschlussgetränk mit Eis, dann  Rückfahrt mit dem Bus.

Es war ein angenehmer Tag: sonnig, sehr kommunikativ in der Gruppe, und durch sehr interessanten Erläuterungen auf allen Stationen unterlegt.

 

Rainer Wiechert

Weiterführende Literatur:

Faltblätter (kostenlos) und kleine Broschüren über den Ratzeburger Dom, zu erhalten im Domeingangsbereich von der Ev,-Luth. Domkirchengemeinde zu Ratzeburg (Domhof 354, 232909 Ratzeburg).

Aufsätze von Antje Schmitz, zu ehedem slawisch besiedelten Regionen von Ostholstein bis ins Wendtland, insb.:
„Die Ortsnamen des Kreises Herzogtum Lauenburg und der Stadt Lübeck“
(Kieler Beiträge zur deutschen Sprachgeschichte, 14), Neumünster 1991.

Karl Jordan (Prof. an der CAU Kiel für Geschichte): „Heinrich der Löwe. Eine Biographie“, C.H.Beck Verlag, München, 2., durchges. Aufl., 1980.

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