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Grundsatzbeschlüsse der Europa-Union Deutschland

Grundsatzbeschlüsse der Europa-Union Deutschland

Die europäische Einigung im 21. Jahrhundert: Unser Ziel ist der europäische Bundesstaat

Düsseldorfer Programm der Europa-Union Deutschland, 28.10.2012 (PDF-Datei)

Wir Bürgerinnen und Bürger Europas gestalten gemeinsam unsere Zukunft. Die Gründergeneration hat Großes geleistet: Ihr verdanken wir die Versöhnung der Völker, die Überwindung der Grenzen, sozialen Zusammenhalt sowie wirtschaftliche und kulturelle Entfaltung in Europa.
   
Heute ist die Europäische Union eine Werte- und Rechtsgemeinschaft mit eigenen Zuständigkeiten und handlungsfähigen politischen Institutionen. Die Perspektive der Mitgliedschaft stärkt in Staaten mit einer Beitrittsoption Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Aber die Einigung Europas ist noch nicht vollendet. Sie ist unverzichtbare Voraussetzung für die Gestaltung der Globalisierung. Auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gibt es nur eine Antwort: Mehr Europa!

Wir, die Mitglieder der überparteilichen Europa-Union Deutschland, verstehen uns als die Vertretung der für Europa engagierten Bürgerinnen und Bürger. Durch unsere Arbeit vor Ort wollen wir die europäische Idee verbreiten. Wir setzen uns als deutsche Sektion der Union Europäischer Föderalisten zusammen mit unseren Partnern für die Vollendung der bundesstaatlichen Einigung Europas ein.

Europäische Föderalisten haben bereits 1946 ihre grundlegenden Ziele im Hertensteiner Programm niedergelegt. Mit dieser Erklärung ergänzt die Europa-Union Deutschland die dort niedergelegten Ziele:

1. Nur geeint sind wir stark
Nur geeint sind die Staaten Europas in der Lage, Frieden und Freiheit, Stabilität, Wohlstand und soziale Sicherheit, eine lebenswerte Umwelt, Demokratie und Menschenrechte zu garantieren und die Herausforderungen der Globalisierung zu bewältigen. Die europäische Einigung kann Vorbild für die staatenübergreifende Zusammenarbeit in einer föderalen Weltordnung sein.

2. Ein europäischer Bundesstaat
Ziel der europäischen Einigung ist die Schaffung eines demokratisch-rechtsstaatlichen  Bundesstaats auf der Grundlage einer Verfassung, die möglichst durch ein europaweit einheitliches Referendum bestätigt werden sollte. Der europäische Bundesstaat vertritt die gemeinsamen Interessen der Bürgerinnen und Bürger Europas und ihrer Mitgliedstaaten nach innen und außen. Er muss über die erforderlichen Handlungsmöglichkeiten verfügen. Hierzu gehören auch ein entsprechend ausgestatteter Haushalt und eigene Steuereinnahmen. Der europäische Bundesstaat hat einen demokratischen Aufbau von unten nach oben. Die Aufgaben werden auf der Grundlage klar zugewiesener Kompetenzen nach Maßgabe des Subsidiaritätsprinzips bürgernah und partnerschaftlich auf der kommunalen, regionalen, mitgliedstaatlichen und europäischen Ebene wahrgenommen.

3. Europa als Wertegemeinschaft
Der europäische Bundesstaat ist gegründet auf die in der Menschenrechtskonvention des Europarats und der Europäischen Charta der Grundrechte niedergelegten Werte, zu denen vor allem die Unantastbarkeit der Menschenwürde und die unveräußerlichen Rechte des Einzelnen gehören. Diese Werte sind Ziel und Maßstab seines politischen Handelns. Demokratie und Menschenrechte auf friedliche Weise zu fördern, verpflichtet die Europäische Union zu einer besonders engen Zusammenarbeit mit den Staaten in der Welt, die ebenfalls friedlich für Demokratie und Menschenrechte eintreten.

4. Ein Europa der kulturellen Vielfalt 
Die kulturelle und sprachliche Vielfalt sind der Reichtum Europas; sie sind Quelle der europäischen Identität. Es ist Aufgabe des europäischen Bundesstaats, diese kulturelle Vielfalt zu schützen und zu fördern. Hierzu gehören auch die Begegnung und die Verständigung mit anderen Kulturen und Lebensverhältnissen und der Erwerb von Fremdsprachen.

5. Eine repräsentative Demokratie für Europa mit starker Bürgerbeteiligung
Der europäische Bundesstaat beruht auf der repräsentativen Demokratie mit Möglichkeiten der direkten Bürgerbeteiligung. Das Europäische Parlament wählt die europäische Regierung, deren Vorgängerin die Europäische Kommission ist. Es hat das Initiativrecht und beschließt gleichberechtigt mit einer Staatenkammer, dem Rat, über Einnahmen und Ausgaben sowie alle europäischen Gesetze.

6. Ein Europa der Teilhabe und Transparenz
Der politische Entscheidungsprozess im europäischen Bundesstaat ist gekennzeichnet durch ein hohes Maß an Transparenz und bietet allen Bürgerinnen und Bürgern vielfältige Möglichkeiten der Mitwirkung und Beteiligung. Die direkte Wahl des Europäischen Parlaments auf der Grundlage eines einheitlichen Wahlrechts ist Ausdruck des politischen Zusammenwachsens. Die europäischen Bürgerinnen und Bürger haben im Wohnsitzland ein aktives und passives Wahlrecht auf allen politischen Ebenen.

7. Eine identitätsstiftende europäische Öffentlichkeit
Die Herausbildung einer europäischen Öffentlichkeit ist unerlässlich für die Verwirklichung der europäischen Demokratie. Hierzu gehören eine umfassende europapolitische Berichterstattung sowie ein aktiver Dialog der europäischen Institutionen und Bürger. Die Bürgerinnen und Bürger bringen sich dabei aktiv in dem Selbstverständnis ein, dass alle Souveränität letztlich von ihnen ausgeht. Auch die politischen Parteien leisten einen wichtigen Beitrag, indem sie sich zu europäischen Parteien zusammenfinden, mit transnationalen Listen zu den Europawahlen antreten und Spitzenkandidaten und -kandidatinnen für die Europawahl vorschlagen.

8. Ein Europa der freien Entfaltung, der Solidarität und des Wohlstands   
Das Handeln des europäischen Bundesstaats dient dem Wohl der hier lebenden Bürgerinnen und Bürger. Das europäische Gesellschafts- und Sozialmodell muss bewahrt und weiterentwickelt werden. Der europäische Bundesstaat und seine Mitgliedstaaten haben die Verpflichtung, in einem solidarischen Geist Gerechtigkeit, die Möglichkeit zu freier Entfaltung und Wohlstand für alle zu schaffen. In seiner Politik fördert der europäische Bundesstaat den sozialen Ausgleich und orientiert sich an den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft. Nicht alles muss dabei auf europäischer Ebene geregelt werden, aber sie muss den Rahmen schaffen und Mindeststandards setzen. Die Angleichung der Lebensverhältnisse auf hohem Niveau innerhalb des europäischen Bundesstaats ist eine wesentliche Voraussetzung für seinen Bestand.                
           
9. Ein nachhaltiges Europa für die zukünftigen Generationen                      
Der europäische Bundesstaat trägt besondere Verantwortung für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen sowie einen schonenden und effizienten Umgang mit den natürlichen Ressourcen in Europa und in der Welt. Der Rohstoff- und Energieabhängigkeit kann Europa am besten gemeinschaftlich begegnen. Hierzu gehört das Umsteuern hin zu einer nachhaltigen, auf erneuerbare Energiequellen gestützten Wirtschaft.

10. Eine gemeinschaftliche Wirtschafts- und Währungspolitik
                             
Der Euro ist die gemeinsame Währung des europäischen Bundesstaats; für seine Stabilität ist die unabhängige Europäische Zentralbank verantwortlich.  Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten tragen durch eine gemeinsame Wirtschafts-, Finanz- und Haushaltspolitik hierzu bei und setzen klare Regeln für die Finanzmärkte. Eine solide und nachhaltige Haushalts- und Finanzpolitik bei effektiver Schuldentilgung und ein solidarisches Füreinander sind Voraussetzung für eine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Europa und für eine starke Gemeinschaftswährung.

11. Eine europäische Außen- und Sicherheitspolitik für den Frieden                         
Die Außenpolitik, einschließlich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik, ist Angelegenheit des europäischen Bundesstaats, der seine Mitglieder mit Sitz und Stimme in allen internationalen Organisationen vertritt. Ziel der gemeinsamen Politik ist es, zu Frieden, Verwirklichung der Menschenrechte, Demokratie, Stabilität, zu einem verantwortlichen Umgang der Weltgemeinschaft mit natürlichen Ressourcen und der Bekämpfung von Armut und Hunger in der Welt beizutragen.

12. Ein offenes Europa                              
Der europäische Bundesstaat ist offen für alle europäischen Staaten, die die Beitrittskriterien erfüllen, sich zu seinen Zielen und Werten bekennen und ihnen dauerhaft Geltung verschaffen.

Charta der Europäischen Identität, 28.10.1995

Angeregt durch den Präsidenten der Tschechischen Republik Václav Havel, der am 8. März 1994 bei seiner Ansprache vor dem Europäischen Parlament in Straßburg eine Charta der Europäischen Identität forderte, hat der 40. Kongress der Europa-Union Deutschland am 5.11.1994 in Bremen beschlossen, ein entsprechendes Dokument auszuarbeiten. Zu diesem Zweck bildete die Europa-Union eine Arbeitsgruppe, die vom 17.-19. Februar 1995 in Cursdorf (Thüringen) einen Entwurf ausarbeitete. Nach Veröffentlichung des Entwurfs in der April-Ausgabe der Europäischen Zeitung und der öffentlichen Vorstellung des Textes in einer repräsentativen Veranstaltung im Abgeordnetenhaus von Berlin am 6. Mai 1995, setzte innerhalb der Europa-Union eine breite Diskussion ein, an der sich auch der Europäische Bund für Bildung und Wissenschaft und Mitglieder des Europäischen Journalisten-Verbandes beteiligten, in deren Rahmen über 500 Änderungsanträge eingingen. In einer zweiten Tagung des Arbeitskreises am 9. September 1995 in Bonn wurden diese Vorschläge geprüft und entsprechend in einer zweiten Fassung der Charta eingearbeitet.
Der 41. Kongress der Europa-Union Deutschland vom 28. und 29. Oktober 1995 in Lübeck diskutierte den Entwurf erneut und nahm ihn am 28. Oktober 1995 mit zwei Gegenstimmen ohne Enthaltung an.

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